Mit Projektmanagement stehen kreative Arbeiter meist auf Kriegsfuß. Und zwar – teilweise – zurecht. Die agile Methode „Kanban“ ist allerdings derart minimalistisch, dass ich sie auch Autoren, Grafikern und Fotografen empfehlen kann.
Der Trick dabei ist, dass Kanban kein enges Korsett anlegt, das die Bewegungsfreiheit einengt, sondern einen bestehenden Prozess in handhabbare Elemente teilt. Diese können dann überblickt und der Ablauf in kleinen Schritten verbessert werden. Dadurch bleibst du der Meister deiner Taten – und das Risiko für jede einzelne Tätigkeit wird deutlich minimiert.

Warum „Kreative“ manchmal nicht fertig werden
Ich denke, es gibt einige Missverständnisse darüber, was kreative Arbeit eigentlich bedeutet. Eines davon ist, dass es ausschließlich darum geht, völlig losgelöst eigene Ideen zu verwirklichen. Vielmehr gibt es nach meiner Auffassung vier „Phasen“ von Kreativität die ich hier beschrieben habe und von der nur eine dem klassischen Bild von Kunstschöpfung entspricht. Wer sich allerdings ausschließlich an dieser orientiert, wird selten ein wirkliches Produkt erschaffen. Denn leider haben wir heute weder die Zeit noch die Nerven mehrere Monate an einem Gedicht oder einem Bild zu arbeiten.
Struktur ist ein kreativer Erfolgsfaktor
Das Missverständnis ist also: Grenzen (und darum geht es im Projektmanagement) sind un-kreativ. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall, da ein geordneter Prozess erstens überhaupt den notwendigen Freiraum für die Kreation schafft, in der sich die Ideen frei entfalten dürfen: Und zweitens sorgt erst die darauf folgende Produktions-Phase für ein fertiges Produkt.
Im Schaffensprozess gibt es also mindestens zwei wichtige Phasen: die kreative und die auf ein Produkt fokussierte. Und nur wer lernt, beiden zu unterscheiden und sich entsprechend verhält, wird erfolgreich sein.
Was unsere Arbeit von der bei Toyota unterscheidet – und was nicht
Das Kanban-System wurde schon 1947 bei Toyota entwickelt. Der Grund war, dass der Konzern im Vergleich zu anderen Autoherstellern nicht produktiv genug war. Heute ist Toyota der größte Autokonzern – doch das war damals nicht der Fall. Und wer weiß , ob das an Kanban liegt. Fest steht aber, dass das Bauen von Autos natürlich anders funktioniert, als das Schreiben von Büchern oder Produkt-Texten. Oder?
Nun, schauen wir uns an, was Toyota mit Kanban erreichen wollte. Der Erfinder Taiichi Ohno beschrieb die Idee so: „Es müsste doch möglich sein, den Materialfluss in der Produktion nach dem Supermarkt-Prinzip zu organisieren. Das heißt, ein Verbraucher entnimmt aus dem Regal eine Ware bestimmter Spezifikation und Menge; die Lücke wird bemerkt und wieder aufgefüllt“. Es geht also um den Strom von Materialien in einem schnellen Produktionsprozess bei begrenzten Kapazitäten.
Nun ist das Material „Kreativität“ nicht so standardisiert und klar zu umreißen wie Stoßstangen und Radkappen. Doch wenn wir unsere zur Verfügung stehende Zeit als „Material“ ansehen, tauchen Ähnlichkeiten auf: Denn auch das Zeit-Regal eines Autors oder Grafikers ist begrenzt. Manchmal ist es vollgestopft und manchmal ist es ziemlich leer. Beides führt jeweils zu sehr unangenehmen Gefühlen – und diese sind ganz sicher der Kreativität nicht förderlich.
Kreativer Workflow am Beispiel „Content schreiben“
Wenn ich mit Teilnehmern meiner Schreib-Kurse den Prozess durchgehe, der für ein fertiges Stück Content online notwendig ist, gibt es – grob – diese Punkte:
1. Vorbereitung & Planung
- Warum und für wen schreibe ich gerade?
- Welche Form, welche Kanäle, welcher Rahmen?
2. Inhalt & Recherche
- Was ist die Kernbotschaft?
- Welche Fragen sollten beantwortet werden?
- Welcher Inhalt muss rein?
3. Kreation
- Schreiben
- Redigieren, Korrigieren
- Medien aussuchen, ggf. beauftragen
- Strukturtexte (Headline, Einstieg u.s.w.)
4. Produktion
- Umsetzung im CMS
- Freigabe
- Veröffentlichung
- Sharing in Sozialen Netzen
Das mag bei dir etwas anders aussehen. Der Zeitpunkt der Freigabe variiert, manchmal setzt nicht der Redakteur sondern ein Producer die Inhalte im CMS um u.s.w.. Der Prozess ist – jedenfalls bei professionellen Schreibern – aber immer sehr ähnlich.
Merke: Wenn du innerhalb der Punkte 1.-4. die Reihenfolge änderst, ist das meist kein Problem. Wenn du aber zwischen den vier Oberpunkten hin und her springst, endet das Projekt im Desaster. Denn falls du etwa erst bei der Freigabe über die Zielgruppe nachdenkst, hast du viel Energie, Zeit und Geld verschwendet.
Doch, wie auch immer: Auch du folgst einem (vielleicht dir selbst unbekannten und virtuellen) Schreibprozess. Wenn du diesen aufschreibst, erkennst du so etwas wie eine Produktions-Kette bei Toyota. Natürlich ist das „Material“ etwa fürs Redigieren deine eigene Ressource – also anscheinend unbegrenzt. ABER: Vermutlich schreibst du lieber und verwendest deshalb wenig Zeit auf die Korrektur der Texte (oder, wenn du es genau nimmst, eher anders herum).
Und darum gilt: Wenn du deinen Zugriff und das Füllen des „Zeit-Regals“ nicht ordentlich planst, wird das Produkt nicht so gut oder so passgenau, wie es ansonsten möglich gewesen wäre.
Kanban als schlaues Projektmanagement
Wenn es um Planung geht, kommt heutzutage meist Kanban ins Spiel: Statt eines überlangen Projektmanagement-Prozesses mit Lastenheft, Pflichtenheft, Milestones und anderen quälenden Foltermethoden, verläuft selbst ein für unsere Arbeit komplexer Prozess auf einem Kanban-Board ziemlich übersichtlich:

Das ist ein Kanban-Board für das Schreiben eines Buches. Es gibt hier fünf Spalten (ein Grund-Kanban-Board hat nur drei), weil ich den Schreib-Prozess der einzelnen Kapitel und die aus dem Buch entstehenden Neben-Projekte aufnehmen wollte.
Das Vorgehen war einfach: Ich habe überlegt, was alles zu tun sein wird und habe das in die Spalte „Offen“ eingetragen. Wenn ich eine Arbeit anpacke, schiebe ich sie auf „in Arbeit“ und wenn sie fertig ist, kommt sie in „Erledigt“. Das war’s.
In diesem digitalen Kanban-Board im Tool „MeisterTask“ habe ich noch einige andere Funktionen: Ich zum Beispiel Zeiten erfassen oder die Tasks mit „Tags“ markieren um sie zu kennzeichnen. In diesem Fall habe sie mit den 4modes getaggt und werde die verschiedenen Schreib-Stufen („Entwurf“, „Überarbeitung“ u.s.w.) einfügen. Das Tagging ist für mich ein Test – aber genau das ist es ja, was Kanban so geschmeidig macht: Du kannst alles ausprobieren, weil die Organisation so zeitarm und leicht wie möglich funktioniert. Allerdings musst du dich an folgende Regeln halten:
- Halte es einfach: Sowohl im Detailgrad wie auch in der Zahl der Tasks. Schreibe nur das auf eine Karte, was mit dickem Stift auf ein Post-It passt. Erst wenn die Karte auf „in Arbeit“ geschoben wird, spielen die Details eine Rolle. Und wenn dir dann einfällt, dass du diesen Task unterteilen willst: nur zu.
- Begrenze die Menge angefangener Arbeit: Einige arbeite mit festen Regeln und erlauben nur maximal zwei oder drei Karten in der Spalte „in Bearbeitung“. Das ist ein gutes Vorhaben. Aber schmeiß bitte nicht alles weg, wenn eine solche Regeln mal nicht klappt. Ich denke, es reicht schon, wenn die Situation in dieser Spalte unübersichtlich wird – dann wird es nämlich Zeit, etwas zu ändern.
- Regelmäßige (tägliche) Arbeit am Kanban-Board: Wenn du ein sehr disziplinierter kreativer Kopf bist (ja, das gibt es!) dann reicht es dir möglicherweise, einmal am Tag (morgens) auf dein Kanban-Board zu schauen. Falls du täglich zwischen mehreren Tasks wechselst oder dir die notwendig Disziplin fehlt, schau halt stündlich drauf. Oder immer, wenn sich etwas ändert im Laufe des Tages. Aber morgens ist Pflicht!
- Das Kanban-Board ist immer erreichbar: Das ist übrigens einer der Gründe, warum das Board immer erreichbar sein muss. Ist es in deinem Büro oder Flur an der Wand, ist das prima. Führst du es digital, lass dich morgens daran erinnern…
- Zielerreichung ist wichtiger als die Regeln: Falls du mal fünf Tasks in Bearbeitung hast oder deine Aufteilung der Tags bzw. Farben nicht passt – dann wird es Zeit, mal darüber nachzudenken. Aber das ist noch lange kein Grund, das Ergebnis irgendwie zu verzögern oder zu verschlechtern.
- Beginne einen neuen Task erst dann, wenn ein Platz im Regal frei ist: Es gilt das Pull-Prinzip, bei dem der Verbraucher (also jemand, der Material verbraucht) beim Produzenten nach neuem nachfragt. In unserem Fall heißt das: Erst, wenn du wieder Zeit für eine kreative Aufgabe hast, ziehst du dir eine neue Karte auf „in Bearbeitung“.
- Überprüfe ständig, ob es gut ist, was du tust: Stelle dir hin und wieder die Frage, ob du noch im Rhythmus bist – oder nur einen starren Takt schlägst. Ich denke, du weißt, was ich damit meine. Vor allem am Ende eines Projektes ist es wichtig, noch einmal die Tasks und deinen Umgang damit kritisch zu beleuchten. Denn das ist der Zeitpunkt, an dem du am meisten lernen kannst.
- Halte durch!
- Beweise Mut: Stelle dir vor, dir gerät wieder eine Karte aus dem ersten Brainstorming in die Hände – und du weißt gar nicht mehr, warum diese geschrieben wurde. Was tust du damit? Wegschmeißen! Was, wenn ein Task einfach nicht fertig werden will und andere drängeln? Die Karte von „in Bearbeitung“ auf „ToDo“. Was ich damit sagen will: Es zählt das JETZT und HIER.
Und hier kommt die Bonus-Regel: Falls du schon mit einem anderen Taskmanagement, einem Bullet-Journal oder mit Getting Things Done arbeitest, besinne dich und stelle dir die Frage, was du besser machen willst und was du behalten willst.
Denn für Tasks „kann es nur einen geben“! Eine doppelte Buchführung für die Organisation des Lebens ist schlicht Energieverschwendung. Ich bin dazu übergegangen, mein Bullet-Journal von den anstehenden Aufgaben zu befreien und diese im Kanban-Board zu führen. Aber du könntest auch dein Daily Business weiterhin über GTD weiter führen – aber einzelne Projekte mit Kanban. Also bitte: triff eine klare Entscheidung!
Wie Kanban für kreative Köpfe funktionieren kann
Sehr viel, was in Kanban steckt, ist vor allem für Teams relevant. Wenn wir allerdings als Freiberufler oder Fotograf unser gesamtes Team sind, braucht es das nicht. Oder? Nun, vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.

Wenn wir wirklich von einem Phasenmodell der Kreativität ausgehen, sind wir – nicht gleichzeitig, aber im Wechsel – immer wieder in verschiedenen Rollen. Und du kennst ganz sicher mindestens die Rolle „Kreation“ und die Rolle „Produktion“. Das sind, so meine Idee, unterschiedliche „Modi“ in denen wir uns befinden. Ich zum Beispiel brauche für die „Kreation“ wirklich Ruhe und auch Zeit – einen „angstfreien Raum“. Wenn ich so etwas wie hier schreibe, dann stelle ich einen Timer auf mindestens eine Stunde – und in dieser Zeit ist meine digitale Verbindung zur Außenwelt gekappt. Während ich für ein Thema recherchiere oder den Text redigiere, ist es dagegen in Ordnung, wenn der Hund zwischendurch mal runter muss oder ein wichtiges Telefonat bis zu mir durchdringt. Und, vor allem: Für die Kreation möchte ich gerne so viel Zeit wie ich brauche; beim Produzieren motiviert mich ein enger Abgabetermin. Das sind völlig unterschiedliche Anforderungen an meine Zeit, deshalb sind das auch unterschiedliche „Materialien“ in meinem Zeit-Regal.
Deshalb habe ich in meinem Buchprojekte die Tasks entsprechend markiert und versuche, die Arbeit jeweils der Situation entsprechend zu gestalten. Das heißt, ich habe jeweils nur ein Schreib-Tasks und maximal zwei Recherche- oder Redigier-Tasks auf „in Bearbeitung“. Erst wenn einer davon fertig ist, „hole“ ich mir den nächsten. Deshalb wartet gerade mein Buch, bis ich diesen Artikel fertig geschrieben habe. Das tut zwar auch irgendwie weh, ist aber das Ergebnis einer bewussten Entscheidung, die ich auf der Basis von vernünftigem Projektmanagement getroffen habe. Und es ist eine Entscheidung, die ich seitdem nie mehr bereut habe! Ich bin dadurch schneller, effektiver und sogar zufriedener mit den Ergebnissen.
Was wir kreativ zu managen haben
Allerdings ist der Umgang mit kreativen Projekten nur ein Teil der Wahrheit. Denn wir – zumindest einige von uns – verbringen fast den gesamten Tag mit „Kreativität“. Wobei ich daran erinnern möchte, dass ich auch kreative Kampagnensteuerung, kreatives Projektmanagement und auch das Gründen von Unternehmen dazu zähle. Und solche Arbeiten werden immer wertvoller –während rein wiederholende oder standardisierte Arbeiten vermutlich von einer Künstlichen Intelligenz in Zukunft besser zu bewältigen sind.
Was ich damit sagen will: Nicht nur die Projekte sondern der Alltag muss koordiniert werden. Und das braucht sicher mehr Anstrengung als so manches Projekt.
Einige deiner ToDos im Tagesablauf wird dir Kanban allerdings nicht organisieren können: Zu einem guten Tag gehören unter anderem eine gut geplante Morgen-Routine, die Auswahl einer ordentlichen Spotify-Liste und körperfreundliche Ernährung. Das schaffst du nicht mit Projektmanagement – sondern mit knallharter Prozesssteuerung. Denn wer sich direkt nach dem Aufstehen vor ein Kanban-Board stellt um ein Kärtchen auf „Meditation“ zu schieben, macht sicher einen großen Fehler. Denn da uns Entscheidungen bekanntlich sehr anstrengen, wäre es nicht sonderlich schlau, die dafür vorhandene Energie schon in den ersten Minuten des Tages für immer ähnliche Antworten auf immer gleiche Fragen zu verschwenden. Entwickle also eine Morgenroutine (inklusive Zähneputzen und Duschen) und denke über diese am besten nicht mehr nach.
Und auch sonst ist nicht alles ein Projekt in unserem Leben. Vielleicht hast du ja eine ähnliche Situation wie ich: Einerseits schreibe ich sehr gerne für den Contentman, andererseits arbeite ich als Online-Marketer für Kunden und Seminarleiter. Und parallel dazu habe ich große Projekte wie derzeit ein Buch oder kreativreisen.de – mein Herzens-Webseitenprojekt.
Das alles muss gemanagt werden. Und die Organisation eines Projekts ist nun mal anders, als die des Alltags. Aber – bis auf die Morgenroutine und einige andere tägliche Aufgaben – das meist lässt via Kanban organisieren. Also, los geht’s!
Kanban fürs kreative Projekt
Hier geht es – mehr oder weniger – darum, so etwas wie Schreibprojekt (siehe Buch-Board oben) zu managen. In meinem Kanban-Board hast du ja vielleicht einige Ideen gefunden. Aber grundsätzlich gilt dies:
- Sammle, was gerade und im Laufe des Projekts getan werden muss. Sei dabei nicht kompliziert und zu detailliert sondern formuliere alles auf kleine und wenige (analoge oder digitale) Karten.
- Markiere diese so, wie du möchtest (oder gar nicht) und gehe sie noch einmal durch.
- Beginne mit der Karte, die dir jetzt gerade wichtig erscheint – oder mit der du vielleicht einen besonders angenehmen Start ins Projekt bekommst. Hänge diese unter „in Arbeit“ – und arbeite.
- Morgen früh gehst du wieder zu deinem Board und überlegst, ob auf der Grundlage der Arbeit von gestern hier etwas verändert werden muss (Karten hinzu, Karten auf „in Arbeit“, Karten auf „erledigt“).
- Checke hin und wieder auch, ob das, was du da am Kanban-Board hast und tust, für dich wirklich noch Sinn macht. Denn es geht nicht darum, Projektmanagement zu machen sondern das Projektmanagement ist dafür da, Ergebnisse zu erzielen. Das wird manchmal verwechselt.
Hier noch einige Spalten im Board, die ich teilweise verwendet habe oder mit denen ich geliebäugelt habe:
- Schreiben: Das steht als Stellvertreter für die konkrete kreative Arbeit. Ich finde, das könnte besonders gewürdigt werden.
- Recherchieren: Das ist ähnlich zu „Schreiben“.
- Nebenprojekte: Du hast sicher einige kreative Ideen, wie du dein Projekt noch zweitverwertet kannst.
- Backlog: Das sind die „Erweiterungen“, die es grad nicht ins Produkt schaffen – aber vielleicht nach Fertigstellung noch realisiert werden können.
Vermutlich fallen dir selbst noch Spalten ein, die du verwenden kannst. Aber vergiss dabei bitte niemals die oberste Regel: Halte es einfach!
Kanban für den kreativen Alltag
Vermutlich sollte ein Kanban-Board anders aussehen, wenn es eher den kreativen Alltag als ein Projekt darstellen soll. Hier einige Aufgaben, die ich darin sehe:
- Social Media Postings schreiben
- Blogbeiträge verfassen
- Tasks für Projekte
- finanzieller und organisatorischer Kram
- Projekte akquirieren
- lernen und lesen
Manche dieser Punkte stehen in direkter Verbindung zu unseren kreativen Phasen: Blogbeiträge schreiben ist vermutlich größtenteils „Kreation“, „lernen und lesen“ gehört in die Lernphase. Da wir letzteres allerdings selten explizit planen oder in den Kalender schreiben, geht es häufig unter – und wir stecken irgendwann unter der Dunstglocke unserer alten Erfahrung.
Die Idee, mit solchen wiederkehrenden Tasks umzugehen, ist natürlich, sie explizit im Board sichtbar zu machen. Warum nicht ein Kärtchen für „lernen und lesen“ in die „in Arbeit“-Spalte? Oder eine spezielle „Lern“-Farbe für den Task „Buch xy lesen“ – damit wir mit einem Blick sehen, ob diese Kreativ-Phase in unserem Arbeitsalltag einen Raum hat. Das sind wunderbare Nudges (Stupser) um nicht nur die dringenden sondern auch die wichtigen Sachen zu machen.
Je nach Komplexität deiner Arbeit und deiner Projekte kannst du natürlich alles in einem Board vereinen. Dann bekommt dein Buchprojekt eine eigne Kartenfarbe und die wiederkehrenden Aufgaben eine andere.
Wenn du mit einem digitalen Board arbeitest, lassen sich auch mehrere Boards so verwalten, dass du trotzdem einen Überblick hast. Und darum geht es ja.
Das richtige Tool
Hier stellt sich zuerst die Frage, wie du dein Kanban-Board führst – analog oder digital. Das ist tatsächlich eine sehr grundlegende Entscheidung, die dir niemanden abnehmen kann. Grundsätzlich geht es um diese Fragen:
- Ständige Erreichbarkeit: Wenn du oft tagelang nicht an deinem Arbeitsplatz bist, dann ist ein Kanban-Board im Büro völlig sinnlos. Immerhin hast du die Möglichkeit, in deinem Bullet-Journal (oder jedem anderen Notizbuch) ein solches einzurichten. Allerdings ist dann die Komplexität schon sehr, sehr beschränkt.
- Einfachheit: Ich liebe es, neue Software einzusetzen und finde auch häufig schnell die richtigen Buttons für das, was ich tun möchte. Ich weiß aber, dass sich manche Kreative nur zögerlich in neue Software einarbeiten. Das ist eine denkbar schlechte Voraussetzung für eine einfache Arbeit mit einem digitalen Kanban-Board.
- Relevanz: Ich gebe zu, ich bin ziemlich „retro“. Irgendwie ist die Tatsache, dass handschriftliche Notizen relevanter sind als digitale, fest in meinem Kopf verdrahtet. Und wenn ich den Tag morgens plane und dafür mein Bullet-Journal auf Steinpapier heraus ziehe, ist der Moment für mich wichtiger, als eine weitere App auf dem Handy. Keine Ahnung, ob es dir auch so geht. Ich will dich jedenfalls bitten, sicherzustellen, dass du ein erhabenes Gefühl entwickelst, wenn du vor deinem Kanban-Board „stehst“.
- Nutzer: Natürlich gilt all das noch viel intensiver, wenn es ein Team gibt. Dann ist Erreichbarkeit, Übersichtlichkeit u.s.w. noch mal ganz anders zu priorisieren. Wobei ich ganz klar meine, dass für Teams ein stationäres Board (um das sich alle täglich versammeln müssen) viel besser ist als ein digitales. Das weit verbreitete Trello ist zwar super – aber halt doch vor allem ein Task-Management ohne die „menschliche“ Tiefe von Kanban.
Analoge Kanban-Boards
Analog kannst du im Grund mit drei verschiedenen „Größen“ arbeiten:
- ein Kanban-Board an der Wand mit großen Post-Its.
- ein halbwegs großes Papier (z.B. ein DIN-A0 Flipchart) mit Post-Its.
- ein Notizbuch mit superkleinen Klebe-Streifen
Digitale Kanban-Boards
Nun sollte ich eine lange Liste mit Software aufzählen können. Aber ich muss gestehen, dass ich gar nicht so viel herumgetastet habe. Hier die zwei, die ich kenne:
- MeisterTask: Das sind die Macher vom MindMapping-Programm MindMeister, das ich seit langem abonniert habe. Deshalb war es nur ein kleiner Schritt zum Taskmanagement MeisterTask der bayerischen Firma. Ich habe darin alles, was ich brauche – sogar eine direkte Verbindung zu meinen MindMaps, die ich in der Regel zum Start von Projekten bastle.
- Trello: Natürlich! Trello ist die ToDo-Liste von Atlassian, die auch Confluence und Jira gebaut haben. Und damit ist das so etwas wie das WordPress unter den digitalen Kanban-Boards.
Beide Tools sind universal einsetzbar, auf der ersten Stufe kostenlos und es gibt auch Apps für iOS und Android. Es gibt also keinen Grund, nicht sofort mindestens eines davon zu testen.
Ein letzter, wichtiger Ratschlag
Die angenehmste Eigenschaft von Kanban ist, dass es eine sehr flexible Methode ist und sich im Laufe der Zeit an deine Bedürfnisse anpasst. Allerdings brauchst du dafür Erfahrung – also musst du irgendwo starten.
Und das ist auch mein wichtigster Ratschlag: fang an!
Und zwar irgendwie: male ein Plakat, melde dich bei MeisterTask an oder klebe Post-Its im Büro: 3 Spalten, eine Hand voll Dinge, die gerade zu tun sind und dann arbeite weiter.
Doch keine Sorge: Eben WEIL Kanban so minimalistisch ist, kannst du jederzeit alles noch mal ändern. Denn der Aufwand, nach einigen Wochen zum Beispiel von analog auf digital zu wechseln, ist relativ gering.