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Raus aus der Facebook-Sucht!

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Wir sind uns einig, dass Facebook süchtig macht. Richtig? Wer die Suchtgefahr der Sozialen Netze abstreitet, darf ab jetzt drei Tage lang versuchen, kein (!) Social Network zu besuchen. Und dabei nachspüren, wie sich schon der Gedanke daran anfühlt. Also: Hier kommt die Suchtberatung! Und ein paar Tipps zur (Teil-)Entwöhnung 🙂

Ja, ja, ja: Ist übertrieben. Aber so ganz willentlich sind unsere Handlungen auf Facebook nicht...
Ja, ja, ja: „Facebook-Sucht ist vielleicht übertrieben. Aber so ganz willentlich sind unsere Handlungen auf Facebook nicht…

„Facebook-Sucht“? Ist das nicht übertrieben?

Es gibt mittlerweile einen Namen dafür: „Facebook Addiction Disorder“. Und wenn es einen Namen gibt, gibt es auch Studien – auch an deutschen Studenten. [zotpressInText item=“{7965264:Y4GTK5DY}“]

Das Fiese daran ist, dass diese Sucht auch noch mit Narzissmus einhergeht. Falls es dir also egal ist, wie es dir selbst geht, denke auch daran, was die andren von dir denken. Und das ist bei Menschen mit eine Facebook-Sucht nicht immer das Beste.

Und falls du denkst, du gehörst nicht zu der Gruppe von Menschen, die unter „Facebook Addiction Disorder“ leiden, kommt hier ein kleiner Sebsttest: Denke darüber nach, deine fb-App auf dem iPhone zu löschen. Wie fühlt sich das genau an? Fallen dir gleich sehr viele Gründe ein, dies NICHT zu tun? Notiere diese und schlafe einmal drüber.

Dann tue es tatsächlich, also Lösche deine FB-App und beobachte deine Gefühlswelt dabei. Wenn du in, sagen wir, drei Tagen immer noch sagst, „o.k., kein Problem“, hast du ziemlich sicher keine Facebook-Sucht. Doch bedenke: Schon die Gedanken daran, diesen Test auf nächste Woche oder später „wenn das reinpasst“ zu verschieben, sind Anzeichen einer Abhängigkeit.

Ich möchte hier keine Schulung in klinischer Psychologie machen – das könnte ich gar nicht. Doch eine psychische Abhängigkeit (also nicht gleich „körperlich“ wie sie beim Alkohol oder Nikotin hinzukommt) ist anhand dieser Signale prüfbar:

  1. Starker Wunsch oder Zwang: Die Gedanken kreisen um die Substanz oder Tätigkeit, das Verlangen ist groß. Sei ehrlich: Wie oft denkst du an Facebook?
  2. Kontrollverlust: Ein Spielsüchtiger kann nicht mehr aufhören zu spielen – auch, wenn er schon viel verloren hat und es sozial angemessen wäre. Facebookst du manchmal auch in unpassenden Situationen? Nein? Würden das deine Freunde und Verwandte auch sagen, wenn ich sie fragen würde?
  3. Abstinenzunfähigkeit: Und, schon die App de-installiert? 😉
  4. Toleranzbildung: Reicht am Anfang ein Glas Bier für den Alkohol-Rausch, braucht der Alkoholiker irgendwann eine Flasche Wein oder Schnaps. Also: Wie hat sich deine Aufenthaltszeit in Facebook in den vergangenen Jahren entwickelt? Hast du nicht auch manchmal das Gefühl, dass das aus dem Ruder läuft?
  5. Entzugserscheinungen: Wenn diese körperlich sind, hängst das zumeist mit einer körperlichen Abhängigkeit zusammen. Wohl kaum jemand wird Schwitzen, Halluzinieren und nicht mehr schlafen können, wenn er einen Tag kein FB mehr hat. Hoffentlich!

Wenn du mit diesen Entzugserscheinungen nichts anfangen kannst, prima. Dann brich hier ab, mach einen Spaziergang und lass es dir gut gehen.

Was machen Social Media Networks im Gehirn?

Beginnen wir mit dem Offensichtlichsten, unserer Fähigkeit auf Reize zu reagieren: Wie häufig am Tag zeigt sich eine rote Zahl direkt am blauen „f“ der Facebook-App auf deinem Handy? Oder eine Benachrichtigung bettelt mit sanftem Vibrieren um unsere Aufmerksamkeit. Der Griff zum Handy (übrigens hierzulande etwa drei mal pro Stunde im Schnitt) erfolgt dann ganz automatisch. Selbst – oder gerade – wenn unser Gehirn im Sparmodus ist. Das liegt nicht zuletzt an der Farbwahl, den Tönen und der Haptik unserer Handys.

Willst du wieder nicht glauben? Dann probiere dies:

Tipp 1: Schalte – eine Zeitlang – dein Handy auf schwarz-weiß. Auf dem iPhone findest du das unter „Allgemein > Bedienungshilfen > Display-Anpassungen > Farbfilter“. Ich habe mir diesen Farbfilter als Tastenkombination mit Schnellzugriff auf die Home-Taste gelegt. Wenn ich also weniger gestört werden will, dann stelle ich auf s/w. Und, hey, das funktioniert: Kaum sind die Farben weg, wird das Handy für mich viel uninteressanter. Ich lese weniger Mails, facbooke seltener und gucke mehr in die echte Welt hinaus.

Wenn du dieselbe Erkenntnis hast, ist der erste Schritt getan: Es gut zu wissen, dass wir als Menschen bestimmten Automatismen ausgesetzt sind und unser Stammhirn das Bewusstsein manchmal in Geiselhaft nehmen kann. Und das passiert offenbar auch, wenn kleine rote Zahlen um unsere Aufmerksamkeit betteln oder unser Handy wie eine Katze schnurrt. Darauf sind wir nun konditioniert.

Zurück zu Facebook direkt: Bei einer Untersuchung verteilten Würzburger Forscher an 200 junge Probanden (zwischen 18 und 25 Jahren) Smartphones und fragten diese im Laufe der nächsten Tage, ob sie gerade Lust auf ein Soziales Netzwerk hätten, wie stark dieser Wunsch sei und ob er im Konflikt zu einer anderen Beschäftigung stehe. In 10.000 Antworten wurde knapp 8.000 (!) mal der Wunsch nach Social Media geäußert. Und nach der Auswertung war klar, dass die Probanden für ihren Wunsch nach Social Media alle möglichen Dinge in ihrem Alltag zu vernachlässigen. Lediglich der Wunsch nach Schlaf und Sex war größer.

Nun, wer nun glaubt, das wäre ein lokales Problem in Würzburg, irrt 😉

Ich denke, es gibt vier wichtige Gründe für diese krasse Über-Priorisierung von Facebook & Co:

  1. Wunsch nach Zusammengehörigkeit: Wir Menschen wünschen uns nichts sehnlicher als das Zusammensein mit anderen Menschen. Das ist nicht romantisch gemeint sondern ein Erbe der Steinzeitmenschen: Wer damals (und zwar Millionen von Jahren lang) alleine war, war so gut wie tot. Nur gemeinsam konnten sich unsere Vorgänger durchschlagen. Und das hat zu entsprechenden Vorgängen im Gehirn geführt. Die wenigen hundert Jahre, in denen wir seitdem auch ohne andere Menschen halbwegs durchs Leben kommen, haben an dieser Grundfixierung im Stammhirn wenig ändern können. Und, nun: Facebook signalisiert uns, das wir nicht alleine sind. Unser Reptiliengehirn glaubt tatsächlich, dass wir mit den „Freunden“ dort verbunden sind. Und, hey, das ist nicht irgendeine Überzeugung oder ein Irrglaube – das ist „fest verdrahtet“. Da kommen wir nur schwer raus…
  2. Selbstwertgefühl I: Auch der Wunsch nach Sebstwert ist bei uns „fest verdrahtet“. Und Facebook stimuliert auch den. Und zwar gleich doppelt: Zunächst fühlen wir uns irgendwie „schlechter“, wenn wir auf Facebook unterwegs sind. Denn den Freunden dort geht es ja so prächtig. Was die so erleben. Was die alles können. Wie gut die aussehen. Und wenn wir in den Spiegel schauen, ist da nur unser langweiliges und zähes Leben. Bestenfalls mittelmäßig. Das ist natürlich ein Irrtum, denn die von unseren Freunden geposteten Momente sind bestenfalls auf die guten Momente reduziert. Wahrscheinlich aber auch noch beschönigt. Wer schreibt denn schon, wenn er Hämorriden hat oder auf einer langweiligen Familienfeier abhängt?
  3. Selbstwertgefühl II: Also tun wir das auch. Wir posten nur die guten Momente unseres Daseins – und diese auch noch mit einem rosa Filter. Wir empfehlen schlaue Bücher (die wir gar nicht alle lesen können), interessieren uns für sozial angesehene Veranstaltungen (auch, wenn wir dafür kein Geld haben) und machen uns philosophische Zitate zueigen, indem wir diese teilen. Und was passiert? Schon sieht unsere Welt irgendwie besser aus. Und zwar nicht nur für die anderen – sondern auch für uns. Wir fühlen uns plötzlich weniger introvertiert, ängstlich und antriebslos. Und können unser Leid hinter einer fröhlichen Timeline verstecken. Oder sollte ich „verdrängen“ sagen?
  4. Kindlicher Stolz: An was erinnert es dich, wenn der Kollege aus einem wahnsinnig teuren Restaurant den Nachtisch postet? Oder ein Foto vom sonnigen Strand, vom neuen Auto oder ein Selfie von einem Vortrag, in dem wieder 300 Leute saßen? Klar: Da ist jemand stolz auf all das. Daran ist nichts verwerfliches. Und, nun: Ein bisschen erinnert das schon auch an ein kleines Kind, dass den Eltern seine Sandburg zeigt. Beide machen das natürlich, um Anerkennung zu bekommen. Die bei Facebook auch meist nicht lange auf sich warten lässt.
  5. Und, am stärksten: Botenstoffe: Dazu kommen dann die von Facebook und den Smartphone-Betriebssystemen geschickt eingesetzten Reize, wie ich sie oben beschrieben habe. Das ist nicht nur Grafik sondern Wahrnehmungspsychologie. So, wie die Regale im Supermarkt neurowissenschaftlich eingeräumt werden, wackeln und brummen unsere Apps. Auch das gehört zur Welt, ich weiß. Wir sollten uns nur ab und zu darüber klar werden, dass wir beim Klick auf das Facebook-Logo nicht unserem Willen sondern unseren Neurotransmittern folgen, also den für unsere Gefühle zuständigen Botenstoffe. Einen „Like“ zu einem unserer Kommentare feiert unser Gehirn mit ein bisschen Dopamin, für ein Herzchen gibt es ein wenig Oxytocin. Und wenn wir wieder einen total bescheuerten Kommentar von diesem Troll lesen, überschwemmt Adrenalin jede Gelassenheit und programmiert uns auf Kampf. Ich will damit nur sagen, dass es so ist. Das werden wir nicht ändern – es sollte uns aber bewusst sein.

Also Schluss mit Facebook?

Vermutlich nicht! Zwar würde man einem Alkoholkranken raten, nie wieder Alkohol zu trinken. Doch das macht bei Sozialen Networks keinen Sinn. Auch Kindergärten und Sportvereine informieren über WhatsApp und wer will sich schon als Neadertaler darstellen? Es ist vielleicht wie mit dem Essen: Einem Klienten mit Essstörung würde man niemals das Essen verbieten. Man könnte aber einige Tricks entwickeln, mit denen das Leben leichter und in unserem Fall Facebook aus der Suchzone in eine Wohlfühlzone kommt. Auch, wenn dazu vermutlich ein bisschen Entwöhnung notwendig ist.

7 Tipps für den suchtfreien Umgang mit Social Media

Für einen entspannten Umgang mit Facebook sind vermutlich drei Schritte sinnvoll: Zunächst muss ein Problembewusstsein für den schädlichen Umgang geschaffen werden. Ich hoffe, das habe ich hiermit getan. Zweitens ist die Kenntnis für die Mechanismen hinter dem Verhalten sinnvoll. Deshalb habe ich dich daran erinnert, dass die Postings auf Facebook eher „glückseelig-positivistisch“ statt ehrlich sind und dass es oft nur um die reflexartige Sehnsucht nach Zusammengehörigkeit geht. Nicht um sinnvolles Handeln.

Der dritte Schritt sind geeignete Übungen, die die fiesesten Konditionieren lösen und zu einem „erwachsenen“ Umgang mit Facebook und Co. führen:

  1. Schalte gelegentlich dein Handy auf schwarz-weiß. Dann wirst du die Welt draußen wieder etwas bunter und spannender erleben. Und du wirst daran erinnert, dass der Klick auf die App manchmal nur ein Reptillen-Reiz ist.
  2. Vermeide unnötige Benachrichtigungen. Damit sind die Benachrichtigungen von Facebook (aber natürlich auch E-Mail & Co) gemeint. Die Grundeinstellung ist wohl, dass dein Smartphone bei jedem „Pups“ blinkt und brummt. Überdenke, WANN du für WAS erinnert werden willst und stelle das so ein.
  3. Begrüße und beende den Tag OHNE Facebook. Im Traum verarbeiten wir den vergangenen Tag in unserem Unterbewusstsein. Deshalb sind die Minuten oder Stunden rund um unseren Schlaf ganz besonders wertvoll für die Entwicklung unserer Persönlichkeit. Falls du also kein giggelnder Influencer werden willst, bewahre dir diese Zeiten für eigene Gedanken (oder ein gutes Buch, ein gutes Gespräch oder für Sex).
  4. Mach dir den Griff zum Handy bewusst. Wenn du zum Handy greifst (oder auf dem Notebook Facebook öffnest) zögere immer einen ganz kurzen Moment. Nur ein paar Millisekunden. Nimm einfach nur wahr, was du JETZT tust. Und fühle kurz in dich hinein. Und, nein, du muss kein schlechtes Gewissen haben, weil du nun facebookst. Wichtig ist nur, dass du dir diesen Moment bewusst machst. Und dir möglicherweise überlegst, ob du das gerade wirklich willst.
  5. Überlege und notiere dir Alternativen. Falls du in diesem Moment entscheidest, grad gar nicht in Facebook schauen zu wollen, wäre es gut, wenn du dafür eine gute Alternative hast. Und sollte natürlich zu deiner inneren Lage passen. Also: Ist dir grad langweilig? Hast du Stress? Ärger? War es nur Gewohnheit? Was kannst du nun tun? Von Stress kannst du dich viel besser durch drei tiefe Atemzüge also durch Facebook distanzieren. Ärger ist schneller überwunden, wenn du ihn nicht ablenkst sondern bewusst wahrnimmst. Na gut, wenn dir langweilig ist, könnte Facebook natürlich eine gute Lösung sein. Wir wollen ja entwöhnen und nicht abstinent werden 😉
  6. Entwickle rationale Strategien für Dislikes, Trolle und unnötige Diskussionen. Wenn ich all die Zeit wiederbekommen könnte, in der ich auf Facebook sinnlose Diskussionen mit mir unbekannten, uneinsichtigen Idioten geführt habe, könnte in einen ausgedehnten Urlaub fahren. Seit ich das erkannt habe, gibt es einige Regeln für mich: Niemandem antworte ich mehr als zwei mal. Niemals fühle ich mich von offensichtlichen Trollen provoziert. Wenn die Kommentare sinnlos werden, stoppe ich die Benachrichtigungen zu diesem Posting. Nun, das ist schon was. Meistens klappt es und ich spare Zeit und Adrenalin.
  7. Schreibe! Natürlich – ich bin der Contentman! – ist Automatisches Schreiben, Tagebuchschreiben oder Drei Gute Dinge immer (!) eine Lösung. Mit kreativen Schreibübungen kannst du jederzeit in den Flow kommen und deinen Dopamin-Haushalt viel besser in Schwung bringen als mit Facebook. Glaube mir!

Und? Was sind deine Tricks & Erfahrungen?

Eine Bitte: quäl dich nicht!

Falls du nun das Gefühl hast, weniger facebooken zu wollen, dann kommt hier noch ein Tipp, wie ein solches Vorhaben nachhaltig (!) funktionieren kann: Und zwar nicht mit eiserner Disziplin und Willenskraft – sondern mit „Habit based Goals“. Will sagen:

  1. Blicke in die Richtung, in die du gehen willst. (-> „weniger facebooken“).
  2. Was könnte ein erster, verständlicher und realisierbarer Schritt sein? (-> „1 Tag lang das Handy-Display auf schwarz/weiß stellen“)
  3. Was könnte der nächste Schritt sein? (-> „Beim Weg zur Arbeit im ÖPNV mache ich mir den Griff zum Handy bewusst“)
  4. Freue dich, wenn die kleinen Schritte klappen. Gehe immer erst weiter, wenn du Lust darauf hast.

So vermeidet man den Versagens-Frust, der bei unüberlegt hohen Zielen unweigerlich zu noch mehr Stress und damit schlechtem Verhalten führt.

Probiere es mal.

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