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Contentman > Sehr kurze Stories

Flash Fiction schreiben

4.6
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1.000 Zeichen, dann ist Schluss. Oder noch besser: Die Story startet mit dem Ende. Wie auch immer: Flash Fiction sind die kürzeste literarische Erzählform. Und deshalb vielleicht wieder ein Trend. Und sie sind eine perfekte Übung, zusammen mit der KI zu schreiben. Eine Anleitung.

Wieso? (Foto: Paul)

Es geht also hier um die Kürze. Und dafür gibt es einige Begriffe in der Literatur, die verwendet werden. Hier eine Aufzählung von Formen, die ich alle mit „Flash Fiction“ überschreiben würde – oder die zumindest sehr ähnlich sind:

  1. Microfiction: Noch kürzere Geschichten als typische Flash Fiction, oft unter 100 Wörtern. Diese Geschichten erfordern extreme Prägnanz.
  2. Drabble: Eine sehr spezifische Form der Microfiction, die genau 100 Wörter lang ist. Drabbles stellen eine besondere Herausforderung dar, da sie eine vollständige Geschichte innerhalb dieser strengen Wortgrenze erzählen müssen.
  3. Nanofiction: Noch kürzere Texte als Microfiction, manchmal nur wenige Sätze oder sogar Wörter lang, die dennoch eine Geschichte oder ein emotionales Bild vermitteln.
  4. Sudden Fiction: Ein weiterer Begriff, der oft synonym mit Flash Fiction verwendet wird, aber manchmal werden damit Geschichten bezeichnet, die etwas länger als typische Flash Fiction sind, etwa bis zu 1500 Wörter.
  5. Short-Short Story: Ähnlich wie Sudden Fiction, bezieht sich dieser Begriff auf sehr kurze Geschichten, die etwas länger sein können als traditionelle Flash Fiction, aber immer noch kürzer als eine herkömmliche Kurzgeschichte.
  6. Twitterature: Eine neuere Form, die durch die Beschränkungen von sozialen Medien, insbesondere Twitter, inspiriert wurde. Geschichten müssen in einem oder einer kleinen Serie von Tweets erzählt werden, was oft auf 280 Zeichen pro Tweet beschränkt ist.
  7. Six-Word Stories: Eine extrem knappe Form der Erzählung, bekannt gemacht durch die berühmte Herausforderung an Ernest Hemingway, die kürzeste Geschichte zu schreiben. Die Geschichte lautete: „For sale: baby shoes, never worn.“
  8. Postcard Fiction: Geschichten, die kurz genug sind, um auf einer Postkarte zu stehen. Sie kombinieren oft visuelle Elemente mit Text, um eine kompakte Erzählung zu liefern.
  9. Miniature Story: Eine weitere Bezeichnung für sehr kurze Geschichten, die in ihrer Kürze und Prägnanz an Microfiction oder Nanofiction erinnern.
  10. Vignette: Obwohl nicht immer im gleichen Sinne wie Flash Fiction verwendet, beschreibt eine Vignette oft einen kurzen, impressionistischen Ausschnitt aus dem Leben, der mehr auf Stimmung und Atmosphäre als auf traditionelle Erzählstrukturen abzielt.

Klingt spannend, oder? Allerdings denke ich, wir würden nicht für alle diese Formen auch gute Beispiele finden. Deshalb suche ich auch gar nicht. Es gibt aber für Kürzestgeschichten, wie man auf Deutsch vermutlich zu Flash Fiction sagen würde einige berühmte Vorbilder in der Vergangenheit.

Offenbar geht die Geschichte der Flash Fiction zurück bis zu den Fabeln des Aesop und nahm dank der sehr kurzen Kurzgeschichten von Anton Chekhov, O. Henry, Franz Kafka, H.P. Lovecraft und Ray Bradbury Fahrt auf. Namensgeber könnten die Autoren James Thomas, Denise Thomas und Tom Hazuka sein, die ihre Werke in entsprechend betitelte Bücher packten.

In Deutschland fallen mir die Tiny Tales von Floriam Meimberg ein. Hier ausnahmsweise mal ein Amazon-Link zu seinem Buch. Ursprünglich waren diese maximal 140 Zeichen langen Stories auf Twitter erschienen.

Warum macht man so was?

Nun war ein Tweet nicht deshalb auf 140 Zeichen begrenzt, um Zeit und Tastaturberührungen zu vermeiden – sondern zur Reduktion und weil ebendiese Beschränkung reizvoll ist. Und Flash Fiction ist eine Stilform, die auch durch diese Reduzierung eine besondere, eigene Stärke bezieht. Vergesst Adjektive, Füllwörter ohnehin, Beschreibungen werden nur angedeutet, der Hauptsatz und starken Verben regieren. So entsteht die Kraft des Texts im Kopf des Lesers –  und die Arbeit des Autors besteht im Vermeiden von Wörtern.

Das gefällt mir gut, wo ich doch ohnehin überzeugt bin, dass jeder Text auch durch brachiale Kürzungen gewinnen kann.

Die berühmteste Flash Fiction-Story

Die vermutlich berühmteste Superkurzgeschichte stammt von Ernest Hemingway:

„For sale: baby shoes, never worn.“

Auf Deutsch brauchen wir sogar nur fünf Wörter: „Zu verkaufen: Babyschuhe, niemals getragen.“

Und wie schreibe ich ein Flash Fiction?

Ich versuche es mal mit Ratgeber-Überblick:

  1. Suche nach einer „kleinen“ Idee in einer großen Geschichte. Du musst dabei nicht auf Tiefe verzichten, wirklich nicht.
  2. Vergiss die Vorgeschichte! Keine Erklärungen, der Leser wird sofort mit dem Thema konfrontiert.
  3. Starte mitten in einer Handlung. Etwas passiert genau jetzt! Beschleunige im ersten Satz von null auf Höchstgeschwindigkeit.
  4. Pflanze früh die Saat für das Ende der Geschichte. Um einen überraschenden Schluss zu erhalten, wirst du den Leser auf eine falsche Fährte locken. Aber vergiss nicht, dass es glaubhaft enden muss.
  5. Vermeide Ortswechsel und unnötige Personen. Rein kommt nur, wer oder was absolut notwendig ist.
  6. Vertraue auf die Fantasie der Leser – und hilf mit wirklich passenden Bildern.
  7. Geize mit jedem Wort. Aktiv ist besser als passiv, Hauptsätze sind besser als alle anderen Konstruktionen. Und Adjektive schwächen ohnehin nur die Fantasie des Lesers; weg damit!

Und, hey, das ist schwerer, als man denkt. Aber ich freue mich über schöne Beispiele von euch!

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