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Wozu vor dem Buch ein Exposé schreiben?

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Im Exposé wird der Inhalt, die Kernidee, die Struktur und die Intention des Buches vorgestellt. Und zwar schnell, unterhaltsam und komprimiert. Warum sollte man das erst schreiben, wenn das Buch fertig ist?

Wenn es denn mal geschrieben ist, dann zeigt dir das Exposé den Weg (Foto von Cristofer Jeschke auf Unsplash)

Seltsamerweise wird so ein Exposé meist erst dann geschrieben, wenn das Manuskript fertig ist und ein Verlag gesucht wird. Dann kümmern sich die Autor:innen um das Organisatorische und dazu gehört es, ein Exposé zu schreiben. Schade. Denn im Verlag angekommen, wir das Exposé von den Lektor:innen zur Hand genommen – und nach wenigen Sekunden oder Minuten zur Seite gelegt. Entweder auf den großen Stapel der abgelehnten Buchideen oder auf einen winzigen Stapel von Exposés für die der Auswahlprozess noch weitergeht.

Der Lektor Hans Peter Roentgen hat ein sehr unterhaltsames Buch mit dem Titel „Vier Seiten für ein Halleluja“ 1veröffentlicht, das für Autoren eine zwingende Lektüre ist. Darin beschreibt der Autor und Lektor, dass er und seine Kolleg:innen in unverlangt eingesendete Manuskripte nur vier Seiten lesen. Vier Seiten! Das ist wenig. Zwar kann ich mir vorstellen, dass ein Profi durchaus in der Lage ist, nach so kurzer Zeit den Stil, die Kraft der Charaktere und die Geschwindigkeit der Story beurteilen zu können. Doch wie fühlt es sich an, wenn du ein ganzes Buch geschrieben hast – und jemand urteilt nach vier Seiten darüber?

Lektoren lesen vier Seiten. Das war’s.

Übrigens erklärt Hans Peter Roentgen in diesem Buch anhand von zahlreichen Beispielen und auf unterhaltsame Weise, wie Autor:innen ihr Potenzial und ihre Probleme selbst erkennen können. Mit diesem „Halleluja“ hast du also eine bessere Chance, dass dein Exposé auf den kleinen Stapel kommt.

Trotzdem, an dieser Stelle eine vorsorgliche Aufmunterung: Vermutlich wird dein Exposé – falls du es überhaupt verschickst – ziemlich oft abgelehnt werden. Nimm das nicht persönlich, das muss nicht an deinem Stil oder dem Inhalt deiner Story liegen. Wir neigen dazu, Dinge persönlich zu nehmen, die nichts mit uns zu tun haben. Vielleicht passt dein Buch einfach nicht zu diesem Verlag! Vielleicht wird dort gerade schon ein ähnliches Konzept umgesetzt oder deine Idee passt derzeit nicht ins Programm. Beides muss nicht heißen, dass etwas mit der Idee nicht stimmt, dein Buch schlecht ist oder du ein Versager bist. Es heißt nur, dass in diesem Moment dieses Buch nicht ins Programm dieses Verlags passt. Blöd ist, dass wir in dem meisten Fällen nicht erfahren, warum unsere Werke abgelehnt wurde. Und wir müssen uns immer wieder daran erinnern, dass wir das nicht persönlich nehmen müssen.

Was ich damit sagen will: Das Versenden von Exposés kann ziemlich frustrierend sein. Vor allem, wenn du monatelang an deinem Manuskript gearbeitet hast und nun – nicht einmal eine Absage bekommst. Das lässt sich aber nicht ändern. Und es sollte dich nicht davon abhalten, dein Exposé mit Eifer zu schreiben. Am besten bevor du überhaupt mit einem Buchprojekt startest.

Erst das Exposé, dann das Buch

Richtig gelesen: Der beste Zeitpunkt, das Exposé zu schreiben, ist am Anfang des Projekts, bevor du mit dem Manuskript startest. Selbst wenn du Selfpublisher bist und gar keinen Verlag suchst, solltest du dir selbst ein Exposé schreiben. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen.

  1. Die Projektplanung: Es ist hilfreich, ein Blick für das ganze Werk zu bekommen. Und im Exposé formulierst du komprimiert, wie und warum du das Buch schreiben willst.
  2. Fokussierung auf die Kernidee: Meist ist das Exposé das erste Dokument, in dem Autor:innen ihre Kernidee zusammenfassen und „verteidigen“ – wie man es bei einer Doktorarbeit nennen würde. So eine inhaltliche Zusammenfassung kann im Schreibprozess lebens- oder zumindest projekt-rettend sein.
  3. Anlass für das erste Feedback: Willst du monatelang an einem Buch schreiben – ohne über das Konzept und die Idee zu sprechen? Nimm dein Exposé und stelle deine Buchidee im Freundeskreis vor. Höre dann gut zu, was dir geraten wird. Und beobachte, wie es dir mit diesem Feedback geht. In meinen Autor:innen-Coachings sparen wir uns immer eine Menge Zeit, wenn ich ein Exposé vorliegen habe oder es in den ersten Wochen geschrieben wird.
  4. Reflexion: Beim Schreiben eines Exposés schaust du dir selbst bei der Ideenentwicklung zu. So manche bislang vage Buchidee wurde durch die Konkretisierung auf drei bis fünf Seiten so geschärft, dass die Arbeit danach noch mehr Spaß gemacht hat.
  5. Last Exit „Exposé“: Nicht wenigen Autor:innen fällt beim Lesen ihres Exposés auf, dass sie dieses Buch nun doch nicht schreiben wollen. Manchmal, weil sie merken, dass ihre persönliche Messlatte doch zu hoch liegt, manchmal weil die Idee dann doch nicht trägt. In jedem Fall haben sie eine Menge Energie und Zeit gespart, einiges dazu gelernt und können nun ein neues Buchprojekt beginnen.

Du siehst: Wer das Schreiben des Exposés am Anfang seines persönlichen Buchschreibe-Abenteuers stellt, gewinnt an Klarheit und vermeidet Frustration. Übrigens nehmen manche Verlage das Buchkonzept auch VOR dem Schreiben entgegen und begleiten ihre Autor:innen dann beim Entstehungsprozess. Das ist fraglos für beide Seiten anstrengend – und für das Endprodukt hilfreich.

Noch etwas zum Risiko dieses Vorgehens: Stell dir vor, du hast ein tolles Exposé geschrieben und stellst du während der Schreibarbeit am Manuskript fest, dass du deine Kernaussage verändern willst oder die Struktur umbauen musst. Ehrlich gesagt, ist es sogar sehr wahrscheinlich, dass dieses Risiko eintritt. Jedes Buch wächst im Entstehungsprozess und ändert dabei auch seine Form und Struktur. Das ist auch gut so.

Aber es ist nur die erste Version

Mit dem Exposé hast du allerdings einen guten Startpunkt für dieses Wachstum. Deshalb solltest du dich nicht an diesen Startpunkt gefesselt fühlen. Allerdings musst du – so oder so – das Exposé später dem Manuskript anpassen. Ich verspreche dir allerdings, dass jeder Verlag, falls du die Buchidee schon verkauft hast, damit einverstanden sein – wenn die Änderungen sinnvoll sind.

  1. 1. Roentgen HP. Vier Seiten für ein Halleluja: ein Schreibratgeber der etwas anderen Art. 4., Aufl. Fischbachtal: Sieben-Verlag; 2008. 146 S.

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